Jochen Riepl im Gespräch mit Jens Kohrs über RAIL.ONE als weltweiten Exporteur für Fahrwegsysteme für den Schienenverkehr
Beim Export müssen sich Mittelständler auf gefährliche Ausfälle einstellen. Denn weltweit steigt das Risiko von Insolvenzen – gerade bei einigen der wichtigsten deutschen Handelspartner.
Von Jens Kohrs
Die Weltkarte, die Thomas Krings vor sich hat, zeigt große blaue Flächen. Blau ist nicht gut. Blau eingefärbt sind Länder, für die der Kreditversicherer Euler Hermes in diesem Jahr einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen erwartet. Dass wichtige deutsche Handelspartner dazu zählen, macht Risikovorstand Krings zunehmend Sorgen.
Für China und Hongkong etwa wird ein Plus von jeweils fünf Prozent erwartet. Für Brasilien sind es neun und für Russland mittlerweile sogar 30 Prozent. "Weltweit steigt für deutsche Exporteure damit das Risiko von Zahlungsverzögerungen und -ausfällen", sagt Krings.
Schon jetzt versuchten Abnehmer im Ausland verstärkt, die Zahlungsziele bei ihren deutschen Lieferanten zu verlängern. "Aber wer länger auf sein Geld wartet, muss die eigenen Kosten auch länger finanzieren", warnt Krings: "Gerade bei mittelständischen Unternehmen kann das schnell an die Substanz gehen."
Zudem ist es mitunter extrem schwierig, offene Forderungen einzuziehen. Das gelte insbesondere für Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (V.A.E.), Russland und China. Diese Länder sind die Schlusslichter einer Inkasso-Studie, für die Euler Hermes nicht nur die Zahlungsmoral in weltweit 44 Ländern betrachtet hat. Die Analysten berücksichtigten auch, wie effizient die Gerichte arbeiten, ob Korruption eine Rolle spielt und welche Erfolgsaussichten Insolvenzverfahren haben.
China ist der fünftwichtigste Handelspartner
Die Ergebnisse treffen die deutschen Unternehmen direkt nach einer neuen Rekordmeldung. Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben sie im vergangenen Jahr Waren im Wert von 1,13 Billionen Euro ausgeführt, 3,7 Prozent mehr als 2013.
Dabei gingen Güter für 476,2 Milliarden Euro in Länder außerhalb der Europäischen Union. China war mit Ausfuhren im Wert von rund 67 Milliarden Euro zuletzt Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner. Russland lag mit rund 35,8 Milliarden Euro auf Platz elf, nach Saudi-Arabien (Platz 24) gingen Exporte im Wert von rund 9,2 Milliarden Euro.
Zahlungsausfälle können schnell dramatische Folgen haben. Wird beispielsweise eine Lieferung im Wert von 100.000 Euro nicht bezahlt, ist bei einer Gewinnmarge von fünf Prozent ein zusätzlicher Umsatz von zwei Millionen Euro nötig, um den Verlust auszugleichen, rechnet Thomas Krings von Euler Hermes vor. Umso wichtiger werde es deshalb, die Geschäfte abzusichern.
Fristen werden locker gehandhabt
"Zahlungsverzögerungen kommen sehr häufig vor", bestätigt Christoph Angerbauer, General Manager der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China. Im 25. Stock des China Fortune Tower in Shanghai hat er einen guten Überblick, wie es den deutschen Firmen im Reich der Mitte geht. Für grenzüberschreitende Zahlungen etwa gebe es in der Volksrepublik nationale Kontrollbeschränkungen, die chinesische Partner nicht selten als Ausrede nutzen würden.
Zudem sei es bei Lieferungen innerhalb des Landes "durchaus Geschäftspraxis, Fristen locker zu handhaben", sagt Angerbauer. Entsprechend großzügig müsse die Cash-Flow-Planung der Deutschen sein, schließlich könne es um Verzögerungen von einigen Wochen bis hin zu Monaten gehen.
Die meisten Firmen sicherten sich bereits ab, sagt Heiko Schwiderowski vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK): "Bei Geschäften in Schwellen- und Entwicklungsländern verlangen deutsche Exporteure häufig Vorauskasse", erklärt der Außenwirtschaftsexperte. So beschränke sich das Risiko auf den Fall, dass kein alternativer Abnehmer gefunden werde und der Exporteur auf dem Erzeugnis sitzen bleibe.
Versicherungen gegen das Risiko
Zudem komme deutschen Unternehmen zugute, dass sie selten "ihre Eier in ein Nest legen", sagt Schwiderowski. Während Betriebe aus anderen Ländern häufig von einem oder wenigen Zielmärkten abhängig seien, würden deutsche Betriebe bei den Absatzregionen zunehmend diversifizieren. "Dabei schließen sie häufig Exportkreditversicherungen ab, um sich vor wirtschaftlichen und politischen Risiken beim Empfänger ihrer Lieferung zu schützen."
Die Railone-Gruppe, Spezialist für Fahrwegsysteme für den Schienenverkehr, setzt im weltweiten Geschäft hauptsächlich auf Bankbürgschaften und sogenannte Akkreditive (Letter of Credit). Dabei verpflichtet sich die Bank des Importeurs, den Lieferanten einer Ware zu bezahlen, wenn entsprechende Dokumente vorgelegt werden.
"Bislang haben wir unser Geld immer bekommen", betont Geschäftsführer Jochen Riepl. Mittlerweile macht Railone, das mehr als 700 Mitarbeiter beschäftigt, knapp die Hälfte des Jahresumsatzes von rund 130 Millionen Euro im Ausland.
Gleisschwellen für Saudi-Arabien
"Unser besonderer Fokus liegt auf dem Mittleren Osten, wo sechs Staaten jeweils eigene Bahnnetze bauen und planen, diese zu verbinden", sagt Riepl. Seit 2009 ist das Unternehmen aus dem bayerischen Neumarkt mit einer hundertprozentigen Tochter im Königreich Saudi-Arabien vertreten und stellt im Werk in Hail Gleis- und Weichenschwellen sowie Feste-Fahrbahn-Schwellen für den dortigen Markt her.
Unter anderem werden die Produkte der Bayern bei der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den heiligen Städten Mekka und Medina sowie bei einer 15 Kilometer langen Straßenbahnlinie im Emirat Katar verbaut. Im internationalen Geschäft habe es sich bewährt, die Verträge umfangreich aufzusetzen und die Leistungen sowie die Zahlungsbedingungen detailliert zu definieren, erklärt Riepl.
Dazu rät auch Andreas Hergenröther von der AHK in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad. Zudem sei der persönliche Kontakt zwischen den Geschäftspartnern äußerst wichtig: "Gerade in mittelständischen Betrieben, in denen ein Familienoberhaupt entscheidet, erwartet man, dass auch die deutsche Seite den Chef nach Saudi-Arabien schickt", sagt Hergenröther: "Gespräche auf Augenhöhe können viele Probleme lösen."
"Naivität ist einer der Kardinalfehler"
Damit es möglichst gar nicht problematisch wird, hilft Information. Potenzielle Geschäftspartner im Vorfeld durchzuchecken, Wirtschaftsauskünfte einzuholen, die Bonität zu prüfen sowie über Gesetze und Bestimmungen Bescheid zu wissen, empfehle sich weltweit, betont Claudia Bärmann Bernard, die bei der AHK São Paulo in Brasilien die Rechtsabteilung leitet.
Für Thomas Krings von Euler Hermes ist Naivität denn auch einer der Kardinalfehler beim Erschließen neuer Märkte: "Gerade mittelständische Betriebe sollten sich nicht von großen Zahlen blenden lassen."
Kommt es trotz guter Vorbereitung zu Schwierigkeiten, ist Schnelligkeit in der Regel Trumpf. "Umso länger gewartet wird, desto größer ist die Gefahr, dass Käufer zahlungsunfähig werden", sagt Krings. Dabei lieferten außergerichtliche Vereinbarungen meist bessere Ergebnisse als der Gang vor das Gericht. Oft seien sie effizienter, schneller und weniger kostspielig.
Sich wegen möglicher Probleme auf Geschäfte innerhalb der EU zu beschränken, sei jedenfalls kein hundertprozentiger Schutz: "Zwar haben wir in Europa einen großen gemeinsamen Nenner, aber trotzdem gibt es große Unterschiede in der Zahlungsmoral und viele spezielle nationale Regelungen."
Zum Originalartikel:
Über die PCM RAILONE Group
Die PCM RAILONE Group fertigt seit über 60 Jahren Betonschwellen und Fahrwegsysteme für den schienengebundenen Fern- und Nahverkehr. Als Technologieführer bietet die Unternehmensgruppe ihr Fachwissen auch im Bereich Engineering und Anlagenbau an. Ihre kundenorientierten Innovationen entsprechen höchsten Qualitätsstandards und werden auf der ganzen Welt verbaut.
RAILONE ist mit mehreren Unternehmens- und Produktionsstandorten weltweit vertreten. Jährlich stehen Kapazitäten für über 5 Millionen Gleisschwellen und 840.000 laufende Meter Weichenschwellen zur Verfügung. Mehr als 550 Mitarbeiter weltweit sorgen für optimale Produkte und individuelle Lösungen.